„Wir müssen uns auf das fokussieren, was die Region voranbringt!
„Der Haushaltsplanentwurf 2026 setzt an vielen Stellen, um den wirtschaftlichen Erfolg unserer Region mit zu sichern, wichtige Zeichen. Gleichwohl hätten wir Freien Wähler es uns gewünscht, dass Prioritäten klarer formuliert und herausgestellt würden. Es ist nicht hilfreich, wenn man über jedes hingehaltene Stöckchen springt und nach jedem Strohhalm greift, anstatt zu sagen, dass manches nicht geht. Man verzettelt sich und kommt nicht zu den Dingen, die wirklich helfen, die Region voranzubringen. Außerdem muss in den kommenden Jahren noch stärker beachtet werden, wie es der kommunalen Familie finanziell geht. Auf die Leistungsfähigkeit der Kommunen und Kreise, welche die Region finanzieren, muss stärker Rücksicht genommen werden“, bringt Fraktionsvorsitzender OB a.D. Andreas Hesky in seiner Haushaltsrede klar zum Ausdruck.
Beim Blick auf die kommenden Jahre wird klar, dass die sinkenden Umlagen in 2026 nur Einmaleffekten zu verdanken sind, die ab 2027 wegfallen. Dann jedoch steigen die Umlagen enorm. Dem muss entgegengesteuert werden. „Wir Freien Wähler regen eine Haushaltsstrukturkommission an, um ab 2027 dämpfend auf die Umlagen einzuwirken und uns darauf zu fokussieren, was für unsere Region wichtig ist. Dann werden wir diese Zeit überstehen und in ihr durch Reformen und Transformation wachsen“, so Andreas Hesky weiter.

Hier die Rede des Fraktionsvorsitzenden in vollem Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender Wieland, lieber Herr Regionaldirektor Dr. Lahl, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Einbringung des Haushaltsplans ist immer ein besonderer Moment. Wo setzt die Verwaltung Schwerpunkte, was wird in den Fokus genommen? Bei welchen Themen wird aber auch gesagt, was nicht so wichtig ist und was hintangestellt werden kann. Wir ermuntern die Verbandsgeschäftsstelle auch einmal etwas zur Seite zu schieben, was eher hindert, um so das Vorwärtskommen zu erleichtern. Wir sind ein etablierter Verband, leisten gute Arbeit in hoher Qualität, an uns kommt man in der Region nicht vorbei. Das soll auch künftig so bleiben. Daher gilt es, darauf zu achten, dass wir unsere wertvollen Ressourcen weiterhin dort einsetzen, wo es Sinn macht. Denn gerade in diesen Zeiten müssen wir unsere Strategie im Fokus behalten.
Letztlich ist das auch ein Gebot der Stunde gegenüber denjenigen, die es bezahlen. Als umlagefinanzierter Verband müssen wir auf diejenigen Rücksicht nehmen, denen wir die Rechnung schicken. Fiel in den vergangenen Jahren die Verbandsumlage für viele Kommunen nicht arg ins Gewicht, wird sich dies in 2026 dramatisch ändern. Seien wir uns bewusst, dass einige Kommunen im nächsten Jahr zum Ausgleich des Ergebnishaushaltes Kredite benötigen. Daraus wird auch die Verbandsumlage bezahlt.
Die vor kurzem im Immobilienbrief Stuttgart zu lesende Überschrift „Wir müssen den Gürtel enger schnallen“ trifft es. Wenn Sie denken, „das waren bestimmt die Freien Wähler, denen sieht das ähnlich“, sind Sie auf dem Holzweg. Unser Wirtschaftsförderer Michael Kaiser und sein Pendant aus dem, Stuttgarter Rathaus, Torsten von Appen, haben die wichtigsten Hardfacts der regionalen Wirtschaftssituation dargestellt und gesagt, um was es geht. Um nicht weniger als um die wirtschaftliche Zukunft unserer Region. Die Transformation ist und bleibt die Herausforderung Nummer 1. Unternehmen setzen Beschäftigte frei und suchen gleichzeitig Fachkräfte. Es hört sich wie ein Paradoxon an, ist aber Realität.
Es geht aber nicht nur um Fachkräfte, es geht auch darum, dass Zukunftsarbeitsplätze in unserer Region wieder eine Heimat finden. Der wirtschaftliche Wohlstand und damit der soziale Friede können nur gesichert werden, wenn es uns gelingt, bestehende Firmen zu halten, Transformation vor Ort zu ermöglichen und neue Firmen anzusiedeln. Dazu sind zwingend Flächen notwendig. Entweder im Bestand, wobei aktuelle Untersuchungen des Verbands zeigen, dass der Bestand nicht ausreicht, oder durch die Ausweisung neuer Gewerbegebiete, an denen kein Weg vorbeiführt. Das war bisher kein leichtes Unterfangen, weil oft die Grundstückseigentümer nicht mitmachen oder andere die Belastungen aus einem Gewerbegebiet nicht wollen. Verschärfend sagen manche noch: „Mir hend gnug.“ Das wird so mancher, gerade in der Belegschaft eines großen Automobilzulieferers, nicht so sehen. Eine Region, in der der Wohlstand zu Hause ist, ist weniger bereit, sich zu bewegen und Liebgewonnenes aufzugeben, um sich unbequem nach neuen Ufern aufzumachen. Aber anders wird es nicht gehen.
Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen brauchen Partizipation, Verständnis und Dialog. Mit einem Beschluss ist es nicht mehr getan. Der Satz „es wurde zugestimmt, aus Einsicht in die Notwendigkeit“ ist leider nicht mehr heutige Lebensrealität, sondern wird in der Rubrik „früher war alles anders“ aufgeführt. Die Einsicht, dass unsere Gesellschaft auf die Mitwirkung des Einzelnen angewiesen ist, der nicht nur Empfänger, sondern vor allem Gebender ist, ist nicht mehr so ausgeprägt. Nicht zuletzt, weil viele Jahre lang der Bürgerschaft suggeriert wurde, dass sich der Staat um (fast) alles kümmert und so das Leben doch eher einem Ponyhof glich. Das wird in Zukunft vielleicht einmal wieder möglich sein, aber zunächst heißt es: Zusammenstehen und Ärmel hochkrempeln und Gedanken umkrempeln, oder philosophisch formuliert… der Kopf ist rund, damit sich die Richtung der Gedanken ändern kann. Diese richtungsweisende Änderung braucht es in vielen zentralen Bereichen. Der demographische Wandel macht Zuzug und Zuwanderung notwendig. Und die Menschen wollen hier eine Wohnung, wie die vielen anderen auch, die schon hier sind und diesen Wunsch ebenso haben.
Wir wissen also, was fehlt und was zu tun ist. Dennoch tun manche so, als ob sich schon alles irgendwie von selbst richten würde. Aber was nützen die besten Berichte, Handlungsanalysen und Empfehlungen, wie der Strukturbericht, wenn sie gelesen, gelocht – mit Betroffenheit diskutiert – und dann doch abgelegt werden? Wir sind nicht in Köln und leben nicht nach dem Motto: „Et hätt noch emmer joot jejange“. Sicher… Zuversicht, Optimismus und Gottvertrauen haben auch wir. Dennoch ist es wichtig, die Zeichen der Zeit zu erkennen und zu handeln, entschlossen und mit Ziel. Dass dies zum Erfolg führen kann, sieht man in Mundelsheim und Bönnigheim. Wir appellieren daher an die Eigentümer und die Bevölkerung, neue Gewerbe- und Wohngebiete zu ermöglichen, an den Gesetzgeber, Hürden zu reduzieren – der Bau-Turbo ist ein wichtiger Schritt -, und an die Wirtschaftsregion und den Verband, die Kommunen zu unterstützen, nicht in erster Linie mit Geld, sondern dabei, Hindernisse zu beseitigen.
Anstrengen lohnt sich, wie der Bereich der regenerativen Energien zeigt. Da können wir auf Erfolge verweisen, die der Verband mit ermöglicht hat. Leitungen werden gebaut, für Strom und auch für Grünen Wasserstoff, Speicher kommen ans Netz, Kraftwerke werden als Backup-Lösungen wirtschaftlich und umweltfreundlich gesteuert. Grünstrom ist kein Luxus mehr, sondern Selbstverständlichkeit. Wir werden es schaffen, das Flächenziel von Bund- und Land zu erreichen. Nicht, weil wir so viel Fläche haben, sondern weil zwischenzeitlich eine größere gesellschaftliche Bereitschaft vorhanden ist, Windräder und PV-Anlagen im Landschaftsbild zu akzeptieren. Nicht immer, nicht überall, nicht von allen, aber dort, wo vertretbar und möglich. Umso bedauerlicher, dass die USA zum „Drill, Baby, drill“ auffordern, statt auf „Wind, baby, wind“ zu setzen. Das ist nicht nur für unsere Umwelt ein Problem, sondern vor allem für die Wirtschaft.
Die hy-fcell hat es gezeigt. Wasserstoff hat derzeit keinen Hype. Die Verunsicherung ist groß. Umso wichtiger, dass wir Flagge zeigen und deutlich machen: Wir halten an unserer Strategie fest. Wasserstoff soll in der Region ein CO²-freier Energieträger der Zukunft sein, der ein fester Bestandteil zur De-Carbonisierung ist. Hier die Kräfte zu bündeln, halten wir Freien Wähler für wichtig. Sich auf das zu konzentrieren, wo wir Stellschrauben haben und handlungsfähig sind, ist das Gebot der Stunde. Daher stellen wir auch Bereiche in Frage, die mit „gut, dass wir darüber gesprochen haben“ enden.
Miteinander zu sprechen, frühzeitig, offen, umfassend, das hätten wir uns im Hinblick auf die Eröffnung von Stuttgart 21 gewünscht. Dann wäre der Baustellenverdruss sicher kleiner und die Vorfreude auf den neuen Bahnhof noch größer. Freuen können wir uns auch über den Ausbau des Digitalen Knotens Stufe 3. Er wird helfen, unserem regionalen Sorgenkind, der S-Bahn, die Qualität wiederzugeben, die sie früher hatte. Wobei die Regionalpolitik ebenso ihren Anteil an der heutigen Situation trägt. Wir Freien Wähler haben schon immer vor der Überlastung des auf Kante genähten Systems gewarnt. Jede Ausweitung von Betriebszeiten, jeder Zug mehr, muss verkraftet werden. Systemkritisch heißt auch, dass es für das System kritisch wird und es in die Knie geht, wenn zu viel drauf gepackt wird. Und dennoch wurde es getan. Oft heißt es, dass man sich ein Beispiel an der Schweizer Bundesbahn nehmen soll. „Die ist pünktlich.“ Das ist sie, weil die Schweiz die Strategie fährt: Lieber pünktlich, statt ein Zug mehr. Wer beim S-Bahn-Hearing zugehört hat, hat dies auch als Wunsch von den Fahrgastverbänden vernehmen können. Es ist also ein Trugschluss, dass die S-Bahn dann gut sei, wenn es viele Züge gibt. Besser ist es, sie kommen pünktlich. Mittlerweile gehört nicht nur die Schiene zum regionalen Repertoire. Auch die Expressbusse haben sich zu einem unverzichtbaren Bestandteil des ÖPNV gemausert. In vielen tangentialen Verbindungen ist der Relex pünktlich und mit hoher Qualität unterwegs.
Lassen Sie mich nochmals auf den Beginn meiner Ausführungen zurückkommen. Wie steht es um die Finanzen? Auf den ersten Blick könnte man sagen: Alles ist gut. Die Umlagen sinken in Summe. Aber ist wirklich alles gut? Bei genauerer Betrachtung sinkt die Verbandsumlage gar nicht. Sie steigt. Nur die Verkehrsumlage sinkt. Aber nicht, weil wir besser gewirtschaftet haben oder mehr Einnahmen erzielt wurden, sondern weil wir Pönale bekommen haben und Liquidität eingesetzt wird. Liquidität ist grundsätzlich gut. Aber bei einem umlagefinanzierten Verband eher ungewöhnlich und zu hinterfragen. Und Pönale? Eigentlich wollen wir diese nicht. Wir wollen lieber Verkehrsleistungen, so, wie bestellt. Was heißt das nun? In 2026 wirken Einmaleffekte dämpfend, doch in den Folgejahren wird die Verbandsumlage bis 2029 um rund 20 %, die Verkehrsumlage sogar um mehr als 38 % steigen. Das ist gar nicht gut, auch, weil die kommunalen Einnahmen damit nicht Schritt halten werden. Deswegen regen wir an, eine Haushaltsstrukturkommission einzurichten und das zu tun, was die beiden Wirtschaftsförderer sagten: „Wir müssen den Gürtel enger schnallen.“ Nicht als Selbstzweck, sondern dann wird es uns gelingen, diese Zeit zu überstehen und in ihr durch Reformen und Transformation zu wachsen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Verbandsgeschäftsstelle und die drei Direktoren leisten hervorragende Arbeit. Ihnen allen danken wir für ihren Einsatz. Besonders Herrn Mattlinger und seinem Team, das in den Haushaltsberatungen stark gefordert ist.













