Kein klarer Kurs in der Schulpolitik

Der neue Kurs der Landesregierung in der Schulpolitik löst weithin kontroverse Diskussionen aus. Vermisst wird vor allem eine regionale Schulentwicklungsplanung, die den Kommunen Entscheidungsicherheit gibt. Dazu eine Stimme aus der Praxis.

Regionalrat Frank Buß, Bürgermeister in Plochingen, hielt bei der Mitgliederversammlung des Landesverbands Freie Wähler am 20. April in Baden-Baden ein Kurzreferat, dessen wesentlichen Inhalt wir nachstehend wiedergeben:

Bürgermeister Frank Buß aus Plochingen bei seinem Referat in der Mitgliederversammlung des Landesverbands Freie Wähler

Bürgermeister Frank Buß aus Plochingen bei seinem Referat in der Mitgliederversammlung des Landesverbands Freie Wähler

Der Landesverband der Freien Wähler Baden-Württemberg hat in seiner Verbandsversammlung am 20.4.2013 Leitlinien zur Bildungspolitik beschlossen. Angesicht der demographischen Entwicklung sind Veränderungen unausweichlich. Gute Schulstrukturen bedürfen jedoch verlässlicher Rahmenbedingungen. Deshalb wird die Landesregierung aufgefordert, endlich die gesetzlichen Grundlagen für die wichtigen schulpolitischen Entscheidungen in den Städten und Gemeinden zu schaffen.

Der Kreisvorsitzende der Freien Wähler im Landkreis Esslingen, Bürgermeister Frank Buß aus Plochingen, vertritt die Auffassung, dass ein mehrgliedriges Schulsystem auf Dauer nicht haltbar ist, da sich die Anzahl der Schüler in den kommenden Jahren nochmals deutlich reduziert. Zum effizienten Einsatz der Ressourcen von Land und Kommunen bedarf es einer zielgerichteten Steuerung der künftigen Schulentwicklung nach objektiven und transparenten Kriterien. Dabei müssen die pädagogische Qualität und die individuelle Förderung der Kinder genauso berücksichtigt werden wie das bestehende Raumangebot oder die Schülerbeförderung.

Allerdings beobachten die Freien Wähler gerade das Gegenteil: Es entstehen Zufallsstrukturen nach dem Windhund-Prinzip. Eine klare Konzeption ist nicht erkennbar. Dafür verzetteln sich Landesregierung und Opposition in ideologischen Grabenkämpfen, die Kraft, Zeit und Geld kosten, ohne den laufenden Entwicklungsprozess substanziell weiterzubringen. Deshalb fordern die Freien Wähler die Landesregierung auf, dieses heillose Bildungswirrwarr zu beenden.

Das mehrgliedrigere Schulsystem mit allgemeinen und beruflichen Gymnasien, Realschulen, Werkrealschulen, Berufsschulen und Gemeinschaftsschulen schreibt den Konkurrenzkampf um Schüler fort statt klare Aufgaben zuzuweisen. Wenn sich Ministerpräsident Kretschmann für das Zwei-Säulen-Modell mit Gymnasium und Gemeinschaftsschule ausspricht, weckt er bei den Eltern Erwartungen und Befürchtungen. Deshalb muss die Landesregierung entscheiden, welche Schulstrukturen sie künftig möchte und verlässliche Rahmenbedingungen für die Schulträger schaffen. Nur so können die Kommunen die richtigen Entscheidungen treffen.

Mittlerweile räumt Kultusminister Stoch in einem Schreiben an die Schulleiter ein, dass nur „eine von den Kommunen ausgehende und verantwortete Planung unter Einbindung des Landes die größte Effektivität verspricht“. Allerdings fehlen für die Weiterentwicklung der örtlichen Schulstrukturen die notwendigen Einflussmöglichkeiten, denn jede Schule soll sich ihr Tempo für die notwendigen Veränderungen bestimmen können. Somit entscheiden über neue Schulstrukturen letztendlich die Schulkonferenz und die Gesamtlehrerkonferenz. Hierzu erklärt Frank Buß: „Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie auf dem gemeinsamen Weg der Veränderung verbindliche Leitplanken setzt und endlich ihre Grundrichtung klar vorgibt. Sonst werden die Schulträger zwischen den Einzelinteressen der Schulen, den Erwartungen der Eltern und den Investitionserfordernissen zerrieben.“

Die Freien Wähler verweisen auch darauf, dass Baden-Württemberg bei den Pisa-Studien immer gut abgeschnitten hat. Mehr Bildungsgerechtigkeit ist wichtig ein wichtiges Ziel, darf aber nicht zulasten der Qualität der Schulbildung gehen. Entscheidend sind das Wohl und die Zukunftschancen der Kinder.

Derzeit sind zahlreiche kleinere Schulen akut bestandsgefährdet. Landesweit werden voraussichtlich mehr als 200 Werkrealschulen keine fünfte Klasse mehr bilden können. Die Freien Wähler fordern deshalb eine verbindliche Bestandsgarantie für Grundschulen, ohne die eine Gemeinde auf Dauer nicht die notwendige Lebensqualität bieten kann.

Am Ende muss von der grün-roten Landesregierung die Frage beantwortet werden, wie viel schulische Qualität sie sich leisten möchte. Hierzu Frank Buß: „Die Landesregierung plant bis 2020 rund 11.500 Lehrerstellen abzubauen. Wie dies mit einer höheren pädagogischen Qualität und mehr individueller Förderung zusammenpasst, sehe ich nicht.“ Entscheidend ist eine regionale Schulentwicklung, die durch eine effiziente Steuerung einen ruinösen Wettkampf um weiterführende Schulen verhindert und so zukunftsfähige Schulstrukturen schafft.

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