Wenig neue Arbeitsplätze in der Region Stuttgart – ist die Regionalplanung schuld?

Es boomt am Arbeitsmarkt. Lt. Stuttgarter Nachrichten vom 7. August sind binnen eines Jahrzehnts 300 000 Arbeitsplätze im Land neu geschaffen worden. Der Bodenseekreis (ein Plus von 17,6 %), der Landkreis Heilbronn (+12,9 %) und der Stadtkreis Ulm (+12,3 %) führen die Hitliste an. Deutlich abgeschlagen und noch spürbar unter dem Landesdurchschnitt von 5,5 %liegt die Region Stuttgart. Die Landkreise Böblingen (+4,6 %), Ludwigsburg (+4,5 %), Esslingen (+4,2 %), Rems-Murr (+3,0 %), Göppingen (-1,3 %) und die Landeshauptstadt (+1,7 %) liegen im Mittelfeld oder gar im Schlussdrittel. Auch der vom Verband Region Stuttgart vor kurzem vorgelegte Strukturbericht und der Vergleich mit anderen Metropolregionen treffen ähnliche Aussagen. Wo könnten die Ursachen liegen?

Könnte die bekanntermaßen sehr restriktive Regionalplanung in der Region Stuttgart daran schuld sein? Das kann man sicher nicht behaupten. Die Impulse für Wirtschaftswachstum und die Zunahme an Arbeitsplätzen müssen aus dem Wirtschaftsgeschehen selbst kommen. Viele Faktoren wirken hier herein. Die Nachfrage im In- und Ausland, die Arbeitslosenquote, Kaufkraftverluste und vieles andere mehr. Dies aber betrifft doch alle Wirtschaftsräume im Land!

Vielleicht liegt es daran, dass die Region Stuttgart schon in der Vergangenheit ein sehr hohes Niveau hatte? Mag sein, dies aber trifft auch für die Räume Bodensee, Ulm und Heilbronn zu, wenn auch nicht in gleichem Maße. Unbestreitbar ist es diesen Regionen in letzter Zeit gelungen, Akzente zu setzen und ein besonders wirtschaftsfreundliches Klima zu schaffen. Die Städte Heilbronn und Ulm sind herausragende Beispiele dafür.

Es ist auch kein Geheimnis, dass die Regionen Neckar-Alb und Heilbronn-Franken eine sehr großzügige Regionalplanung vorweisen können. Man gibt den Städten, aber auch aktiven kleineren Kommunen, in der Ausweisung von Wohn- und Gewerbegebieten einen deutlich weiter gefassten Spielraum. Nur Kommunen, denen man Gestaltungsraum lässt, können diesen auch nutzen. Gerade an den Grenzen unserer Region spüren dies die Städte und Gemeinden im Raum Stuttgart sehr negativ. Eine ganze Reihe von attraktiven Unternehmen mit vielen Arbeitsplätzen ist in der Vergangenheit abgewandert.

Unbestreitbar gibt es in der Region Stuttgart in ihrer Gesamtheit ausreichend Gewerbeflächen. Die Frage ist nur, ob sie auch dort liegen, wo sie von der Wirtschaft nachgefragt werden. Ein Beispiel dafür ist der Mangel entlang der A 81 nördlich von Stuttgart. Erst jetzt versucht der Verband Region Stuttgart die dortige jahrelange Blockade aufzulösen.

Es sind aber nicht die Gewerbeflächen allein, auf die die Wirtschaft achtet. In Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels sind auch attraktive Wohnstandorte mit guten Einkaufsmöglichkeiten ein gewichtiger Faktor. Und hier steht der Verband Region bekanntermaßen sehr auf der Bremse. An den Regionsgrenzen, wo ein starker Wettbewerb unter den Kommunen herrscht, ist dies besonders ungünstig.

Beleuchtet werden muss auch die unterschiedliche Finanzkraft der Kommunen. Sie ist ausschlaggebend dafür, welche Wohn- und Lebensqualität auf den Gebieten Schulen, Bildung, Kultur und Freizeit geschaffen werden kann. Hier sind die Kommunen in der Region Stuttgart eindeutig im Nachteil. Sie zahlen im Schnitt bis zu 5 Punkte Kreisumlage mehr für den ÖPNV, denn nur in der Region Stuttgart ist der S-Bahn-Verkehr kommunalisiert. Auch die übrigen Aufwendungen für den Verband Region Stuttgart (Wirtschaftsförderung, Förderprogramme, die nur wenige Kommunen begünstigen) entziehen den Gemeinden Finanzkraft.

Jeder der genannten Faktoren ist für sich allein betrachtet sicher nicht ausschlaggebend. Aber in der Summe könnten sie doch eine spürbare Wirkung erzeugen. Die Wirtschaftsförderung Stuttgart (WRS), für die der Verband mehr als 5 Mio. € pro Jahr aufwendet, bemüht sich nach Kräften. Die Wirkung bleibt überschaubar und sie ist mehr national und international, weniger lokal.

Bleibt als Fazit: Die Regionalplanung ist nicht die Hauptursache für das geringere Wirtschaftswachstum und den mäßigen Zuwachs an Arbeitsplätzen. Dennoch wird man einen inneren Zusammenhang nicht ausschließen können, vor allem im Vergleich zu den Regionen Alb-Donau und Heilbronn Franken. Es ist eine alte Weisheit, dass Wirtschaft nur in einem Klima der Gestaltungsfreiheit gedeiht. Vielleicht sollte sich der Verband Region Stuttgart nicht nur immer wieder selbst auf die Schultern klopfen, sondern die Signale aus der Wirtschaftsrealität hinterfragen.

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