Verband Region Stuttgart – Haushalt 2014

Fraktionsvorsitzender Andreas Hesky

Fraktionsvorsitzender Andreas Hesky

Region muss mehr auf die Finanzkraft der Städte und Gemeinden Rücksicht nehmen – Umlagen könnten um 10 Mio. € gesenkt werden

Fraktionsvorsitzender Andreas Hesky

Wenn man sich den Haushaltsplan des Verbands Region Stuttgart ansieht, kann man nicht anders als zu attestieren: Der Haushalt des Verbands Region Stuttgart steht auf sicheren Beinen. Alle Maßnahmen sind finanziert und die formale Betrachtung, dass die ÖPNV-Umlage um sage und schreibe 0,4 %, also 276 500 € fällt, lässt fast grenzenlose Freude aufkommen.

Man könnte geneigt sein zu sagen: Alles ist gut, machen wir weiter so! Wir sind finanziell auf der sicheren Seite. Das wäre durchaus eine Möglichkeit. Das wäre aber falsch. Wir müssen uns gerade bei den Haushaltsberatungen die Fragen stellen: Woher kommt das Geld, das wir ausgeben? Wie stehen diejenigen finanziell da, die die Umlage zu finanzieren haben? Holen wir wirklich nur das, was brauchen?

Wir meinen, wir könnten mit deutlich weniger auskommen, und das nur, indem die Einnahmen und Ausgaben realistisch und nach dem Prinzip der Kassenwirksamkeit veranschlagt werden. Im vorliegenden Entwurf sind zentrale Einnahmen deutlich zu gering und zahlreiche Ausgaben sehr hoch angesetzt worden, obwohl sicher ist, dass mehr Einnahmen kommen und weniger Geld in 2014 abfließt.

Es kann doch nicht angehen, dass wir beim Verband Region Stuttgart Polster anlegen, indem wir Geld von den Kreisen und Kommunen einsammeln und in den regionalen Sparstrumpf stecken, obwohl er keine Zinsen abwirft.

 

Wir Freien Wähler wollen nicht, dass der Verband Region Stuttgart in schweres Wasser gerät. Ganz im Gegenteil. Aber es ist doch illusorisch zu glauben, dass von den 95 Millionen € liquiden Mitteln und dazuhin alle neu veranschlagten Ausgaben im nächsten Jahr abfließen werden.

Genauso bei den Einnahmen: Im Jahr 2013 sind heute bereits wieder 4 Millionen € Mehreinnahmen vorhanden, welche das finanzielle Polster in diesem und in den Folgejahren noch etwas bequemer machen, ohne dass dieses Geld sofort den Kommunen wieder zugutekommt. Hinzu kommen immens hohe Haushaltsausgabereste, die gegenseitig deckungsfähig sind.

Solche paradiesischen Zustände gibt es in keiner Kommune und in keinem Kreis. Auch wir wollen eine kontinuierliche Umlage, die nicht jedes Jahr dramatischen Schwankungen ausgesetzt ist. Das heißt aber nicht, dass die Umlage kontinuierlich auf ähnlich hohem Niveau sein muss.

Machen wir uns bewusst: Das größte Glücksgefühl entsteht durch Lösen von zu fest angesetzten Daumenschrauben. Dazu ist jetzt die Zeit reif! Wir Freien Wähler stellen daher den Antrag, die Verkehrsumlage um 10 Millionen € zu reduzieren. Das gelingt durch Reduktion der Ausgaben, durch Einsatz der Rücklage aus den Mehreinnahmen 2013, und durch eine Erhöhung der Einnahmen in 2014. Und Verband wird das nicht zu spüren sein. Bei den Kreisen schon.

Und zu viel Geld auf der hohen Kante weckt ohnehin bloß weitere Begehrlichkeiten.

Auch wir Freien Wähler wollen, dass der Verband Region Stuttgart uneingeschränkt handlungsfähig bleiben soll, für die Aufgaben, für die er ins Leben gerufen wurde und die er auch im 20. Jahr seines Bestehens bestens erledigt. Wir sind überzeugt, dass der Verband dann auch in den nächsten Dekaden seine Aufgaben gut erfüllen wird. Unser Hauptaugenmerk muss auch weiterhin darauf gerichtet sein, ein leistungsfähiges, qualitätvolles und benutzerfreundliches S-Bahn-System in unserer Region zu haben.

Das Lob über den neuen S-Bahnvertrag teilen wir nicht uneingeschränkt. Angesichts eines Gewinns von ca. 700 Mio. Euro des Konzerns, bleibt die Vermutung, dass ein großer Teil aus Verkehrsverträgen wie dem unsrigen stammt, wo die Züge übervoll und höchst wirtschaftlich sind. Der fehlende Wettbewerb, den wir immer beklagt haben, hat unzweifelhaft zu hohen Preisen geführt. Die Betriebsqualität der S-Bahn passt aber nicht zu den Renditen. Wir werden die versprochenen Maßnahmen der Bahn im Auge behalten und mit Aufmerksamkeit begleiten. Denn fest steht: Die Region wird in erster Linie über die S-Bahn definiert und die Qualität unserer politischen Arbeit wird daran gemessen. In diesem Bereich besser zu werden, darin sehen wir unsere Hauptaufgabe. Die unsägliche Frage neuer Zuständigkeiten kann dabei getrost in den Hintergrund treten. Das Nadelöhr des Schwabtunnels, durch das alle 2,5 Minuten ein Zug muss, macht uns mehr und mehr zu schaffen. Kurzfristige Lösungen können Symptome lindern, aber die Ursache lässt sich nicht ohne weiteres beheben.

Wir Freien Wähler sagen deutlich, dass Stuttgart 21 dringend benötigt wird, um auch den ÖPNV in der Region zu verbessern, unterschiedliche Züge anzubieten, für diejenigen, welche über die Landeshauptstadt Stuttgart hinaus unterwegs sein wollen und die dann nicht durch den Schwabtunnel müssen.

Aber es gibt auch noch andere Aufgabenfelder, in denen der Verband Region Stuttgart gute Arbeit leistet. Ganz aktuell: Die Fortschreibung des Regionalplans, Teilplan Windkraft. Die Politik lässt mit Vorgaben auf sich warten – sie scheut sich geradezu davor, die heikle Frage zu beantworten: Warum dürfen keine Geschirrhütten oder Schaukeln im Landschaftsschutzgebiet stehen, aber Windkraftanlagen sind zulässig. Das kann man beantworten und das darf man von einer Landesregierung erwarten. Bisher hat sie es aber noch nicht getan und die Verantwortung dafür übernommen.

Ganz anders der Verband. Er hat hier hervorragende Arbeit geleistet, insbesondere Sie, geschätzter Herr Kiwitt, der Sie sachlich, höchst kompetent und unter Wahrung jeglicher Contenance die Aufgaben, welche wir durch die Energiewende, die von allen gewollt ist, aber oft nicht vor der eigenen Haustür mitgetragen wird, im Regionalplan umzusetzen.

Wir Freien Wähler würden es uns wünschen, dass die in der Umfrage des Verbands dargestellten 71 % der Befürworter, die auch bereit sind, ein Windrad in ihrer Nähe zu akzeptieren, dort wohnen würden, wo sie womöglich hinkommen. Die Realität sieht aber leider anders aus. Das darf aber nicht entmutigen.

Das ist aber kein Aufruf, ein neues regionales Förderprogramm für den Umzug von willigen Menschen in die Nähe von Windrädern auf den Weg zu bringen.

Der Verband Region Stuttgart könnte für die Landesregierung ein guter Beispielsgeber sein. Wenn man den Dialog betreibt und ernsthaft führt, können gute Lösungen entstehen. Das gilt auch für die Planung und Ausweisung von regionalen Gewerbestandorten. Wir haben das Alarmzeichen gehört, dass sich die Regionen, die um uns liegen dynamischer entwickeln, wenn auch von einer geringeren Ausgangsbasis, als wir es tun. Warum entwickeln wir uns nicht so dynamisch wie andere? Das liegt aus unserer Sicht an den restriktiven Vorgaben des Regionalplans. Fairerweise gehört auch gesagt, dass sich manche Kommunen in unserer Region nicht zu ihren Aufgaben bekennen, die sich aus ihrer Lage ergibt, beispielsweise weil sie an einer Verkehrsachse liegen.

Jeder hat seine Pflichten und Rechte, damit das gemeinsame Ganze gelingt. Wenn keine Kommune bereit wäre, Windenergiestandorte umzusetzen, könnte die Energiewende aufgegeben werden. Wenn niemand bereit ist, Logistikflächen auszuweisen, obwohl die Kommune an einer Verkehrsachse oder an einem Eisenbahnknotenpunkt liegt, brauchen wir uns nicht wundern, warum wir mit einem Lkw- und Lieferverkehrproblem zu kämpfen haben, das wächst, anstatt dass es reduziert wird. Ich möchte keiner regionalen Planungshoheit das Wort reden. Keiner Kommune soll etwas aufs Auge gedrückt werden. Es kann uns aber nicht unberührt lassen, dass wir derartige Projekte nur schwer in unserer Region verankern können. Hier helfen nur werben und der Dialog.

Es wurde entlang der A81 mit der Ausweisung von mehreren neuen regionalen Gewerbestandorten begonnen und wir sind zuversichtlich, dass es gelingen kann, neue Gewerbeflächen ausweisen zu können. Wenn der Verband auf die Kommunen zugeht, den Dialog sucht, Belastungen anerkennt und versucht, bei anderen Vorgaben mehr Elastizität zu zeigen, wäre viel gewonnen. Aber ist denn der Verband Region Stuttgart überhaupt in der Lage, die notwendige Flexibilität bei der Ausweisung von Flächen vorzunehmen?

Die Ausweisung der regionalen Grünzüge über fast alle Freiflächen der Region hat uns Fesseln angelegt, die uns so gut wie keinen Gestaltungsspielraum mehr lassen. Der regionale Grünzug wurde sogar schon vom nicht für überbordenden Landschaftsverbrauch stehenden Grün geführten Ministerium für Verkehr und Infrastruktur als Bremse selbst für Grüne Themen identifiziert – Stichwort Durchlöcherung für Windenergieanlagen.  Das macht deutlich, dass gut gemeint manchmal das Gegenteil von gut sein kann.

Das regionale Miteinander in unserer Region funktioniert. Der regionale Tourismus ist mit der Regio Stuttgart Marketing GmbH perfekt aufgestellt und leistet gute Arbeit. Aber auch hier gilt, dass es ein System der kommunizierenden Röhren ist, was die Grundlage des Erfolges ist. Die Kommunen bieten die touristischen Leistungen und Produkte an, die dann regional vermarktet werden. Die Bedeutung des Tourismus ist unbestritten. Wo allerdings Anspruch und Wirklichkeit auseinanderfallen, sind die an Autobahnen stehenden Tourismusschilder. Dabei geht es um die Anzahl der Schilder zwischen zwei Anschlussstellen oder auch um das, was auf den Schildern zu lesen ist. Wir meinen, um gegenüber dem Land ein zugkräftiges Argument zu erhalten, welche Autobahnschilder tatsächlich notwendig sind und welchen Inhalt sie auch haben sollten, ist eine übergeordnete Planung durch die Regio GmbH sinnvoll, um den regional bedeutsamen Tourismus adäquat abzubilden. Diesen Antrag stellen wir.

Das Tourismusmarketing funktioniert hervorragend. Wir sehen keinerlei Notwendigkeit für ein neues Förderprogramm des Verbands, um weitere Impulse zu geben, um, ich zitiere die Pressemitteilung zur Rede von Ihnen, geschätzter Herr Dr. Wurmthaler, “speziell in kleineren Gemeinden Projekte im Bereich Wirtschaftsförderung oder Tourismus zu ermöglichen“.

Derartige Hilfsprogramme, die dann mit einem geschickt gering definierten Anfangsbudget von gerade einmal 290 000 € schmackhaft gemacht werden und man so den Fuß in die Tür oder den Ansatz in den Haushalt bekommt – meine sehr geehrten Damen und Herren, das spüren Sie in der Umlage so gut wie nicht -, entwickeln sich schnell zum Finanzierungs- und Bürokratiemonster, das man rief und nicht mehr los wird.

Wir sollten aus der Erfahrung der Entwicklung von Gewerbegebietsförderprogrammen gelernt haben, dass die Kommunen in unserer Region es nicht nötig haben, dass Ihnen der Verband, ich zitiere erneut die Pressemitteilung, „unter die Arme greifen können muss, um die Zusammenarbeit zu verbessern“. Wenn Zusammenarbeit nur mit finanziellen Anreizen möglich ist, wäre es um das Miteinander in der kommunalen Familie schlecht bestellt.

Nachdem dieses Förderprogramm auch den Bereich der Wirtschaftsförderung umfasst, wollen wir auch dazu ein von uns Freien Wählern gewohnt klares Bekenntnis ablegen: Wir halten die regionale Wirtschaftsförderung für richtig. Sie muss aber konkreter werden und ihre Erfolge müssen messbarer sein. Ein Programm für Konzeptionserarbeitungen halten wir daher für überflüssig und stellen den Antrag, den Betrag in Höhe von 290 000 € für das regionale Förderprogramm zu streichen.

Wir würden uns eher wünschen, dass unser Antrag auf einen regionalen Handwerkerparkausweis, den wir am 12. Mai 2011 gestellt haben, bald beantwortet wird. Angesichts der verstrichenen Zeit würden wir uns über jede Antwort freuen, aber am meisten über eine kurze und prägnante, die da lautet: Wir machen es und gehen auf die Kommunen zu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Freien Wähler sind gern bereit, den Verband, auch über den 20. Geburtstag hinaus engagiert zu begleiten. Wir teilen das Motto, das die Verbandsverwaltung für die Haushaltsplanberatungen 2014 ausgegeben hat und wollen „zuversichtlich und verantwortungsvoll“ wirtschaften. Allerdings darf die Zuversicht nicht daraus erwachsen, dass man zuversichtlich ist, von den Kommunen mehr zu bekommen als man tatsächlich braucht.

Mit den von uns gestellten Anträgen ist es möglich, die ÖPNV-Umlage um 10 Millionen € und die Verbandsumlage um 290.000 € zu senken, so dass spürbar in den Kassen der Landkreise und der Kommunen mehr verbleibt, was dort dringend benötigt wird, anstatt beim Verband Sparstrümpfe zu füllen. Diese Entlastung wäre ein spürbares Zeichen, denn selbst in 5 Landkreisen müssen die Landräte und in der Landeshauptstadt der OB lange Socken stricken, bevor sie 10,29 Mio. Euro gemeinsam aus ihren Haushalten herauspressen.

Ihnen, Herr Dr. Wurmthaler, und der gesamten Verbandsverwaltung, die derzeit aufgrund der personellen Engpässe besonders gefordert ist, zollen wir unsere Dankbarkeit für Ihren hoch engagierten kompetenten Einsatz, die Interessen des Verbandes auch in der Haushaltsplanung gebührend abzubilden und danken Ihnen und dem gesamten Team der Verbandsverwaltung herzlich für Ihre Arbeit.

Ihnen und uns wünschen wir eine weiterhin gute Beratung des Haushalts 2014.

Termine

Freie Wähler in der Region Stuttgart