Baden-Württemberg wächst – wann reagiert der Verband Region Stuttgart?

Prognosen des Verbands durch die Lebenswirklichkeit überholt – Wohnungen sind knapp und teuer 

Baden-Württemberg und die Region Stuttgart wachsen Jahr für Jahr – und der Verband Region Stuttgart merkt es nicht? Doch – er merkt es schon, aber es ist keine Bereitschaft erkennbar, auf die Lebenswirklichkeit zu reagieren. Zahlen des Statistischen Landesamts und eigene Berechnungen auf der Basis der sog. „Pestelstudie“ sind die Grundlage für die Bevölkerungsvorausberechnung im derzeit gültigen Regionalplan. Obwohl man – nicht zuletzt auf Drängen der Freien Wähler – eine Entwicklungsreserve von 40 000 Wohneinheiten in den Siedlungsschwerpunkten eingeplant hat, sind die Annahmen zur Zunahme der Haushalte deutlich zu restriktiv. Die Präsidentin des Statistischen Landesamt, Carmina Brenner, hat vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass die Bevölkerungszahl im Land bis 2020 um 2,7 % auf 10,85 Mio. steigen wird. Bisher war man eher von einer Stagnation oder bestenfalls einem leichten Zuwachs ausgegangen. Erst ab 2030 rechnet man jetzt mit einem leichten Rückgang.

Ursache für die Trendwende ist die hohe Zuwanderung. Vor allem aus den Krisenländern Europas kommen viele junge Menschen in den Südwesten. Die wirtschaftsstarke Region Stuttgart ist angesichts des Fachkräftemangels, des guten Stellenmarkts und der hohen Lebensqualität ein besonderer Magnet. Die Landeshauptstadt kann den Einwohnerzuwachs, der mit 7,8 % geschätzt wird, am Wohnungsmarkt nicht verkraften. Schon heute sind in Stuttgart und in den Nachbarlandkreisen Wohnungen knapp und teuer. Für Wohnungssuchende mit Kindern und niedrigem Einkommen ist die Situation sogar dramatisch. 

Vor diesem Hintergrund sollte der Verband Region Stuttgart seine restriktive Haltung bei der Baulandausweisung auf den Prüfstand stellen. Es hilft nichts, wenn man auf rechnerische Flächenreserven verweist. Sie liegen häufig nicht dort, wo sie gebraucht werden oder es stehen Erschließungshemmnisse im Weg. Besonders in den größeren Städten entsteht zunehmende Wohnungsknappheit in allen Kategorien. Ein Abbau dieses Mangels ist nicht in Sicht. Deshalb wäre ein gewisses Maß an Flexibilität gefragt, das auch Baulandausweisungen in Kommunen erlaubt, die in enger Nachbarschaft von Siedlungsbereichen (das sind Räume mit höheren Entwicklungszahlen) liegen.

Wie sehr in den Städten das Problem auf den Nägeln brennt, zeigt das Beispiel der Stadt Esslingen, der zweitgrößten Stadt in der Region. Dort hat der Gemeinderat ein Konzept zur Wohnraumversorgung für niedrige und mittlere Einkommen beschlossen. Wertsteigerungen, die bei der Schaffung von Bauland sowie bei Aufwertung privater/gewerblicher Grundstücke durch neues Planungsrecht entstehen, sollen zu einem erheblichen Teil in die Schaffung günstigen Wohnraums fließen. Dies ist ein lobenswerter Vorstoß. Klar ist aber auch, dass das wirkungsvollste Regulativ ein funktionierender Wohnungsmarkt ist. Mit Ideologien ist der nicht zu erreichen, sondern nur mit einem ausreichenden Angebot.

Es geht uns Freien Wählern nicht darum, einem übermäßigen Flächenverbrauch das Wort zu reden. Selbstverständlich sind die Städte und Gemeinden gefordert, vorrangig Baulücken und Brachen im Innenbereich zu entwickeln. Jeder Praktiker weiß, dass auch hier in jedem Einzelfall ein dickes Brett zu bohren ist und nennenswerte Erfolgszahlen nur mittel- und langfristig zu erreichen sind. Wohnungssuchenden Familien ist aber nicht damit gedient, dass sie auf Nachbarregionen verwiesen werden, die hier deutlich großzügiger sind. Letztlich liegt es auch im Interesse der Wirtschaft, dass ihre Arbeitskräfte in zumutbarer Entfernung Wohnungen finden oder Eigentum schaffen können. Kurze Wege bedeuten Verkehrsvermeidung und sind daher im besten Sinne Umwelt- und Klimaschutz.

 

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