Die Wohnungsnot verschärft sich – jetzt sind wieder die Kommunen gefordert
Versäumnisse der Landesregierung und des Verbands Region Stuttgart – Freie Wähler haben jahrelang gewarnt
Nicht erst seit dem unübersehbaren Zustrom an Flüchtlingen herrscht in der Region Stuttgart, insbesondere in den Zentren, ein großer Engpass an auch für kleinere und mittlere Einkommen erschwinglichen Wohnungen. Die Vormerklisten bei den Gemeinden und Wohnungsgenossenschaften werden immer länger, die Mietpreise steigen und steigen. Dies alles birgt erheblichen sozialen Sprengstoff. Landes- und Regionalpolitik haben zu lange vor dieser Lebenswirklichkeit die Augen verschlossen.
Seit Jahren mahnen die Freien Wähler in der Region eine bedarfsgerechte Baulandpolitik an – bisher ohne Erfolg. Erst der Flüchtlingszustrom scheint bei der Grün-Roten Landesregierung ein Umdenken zu bewirken. Sie hinkt damit dem aktuellen Bedarf um Jahre hinterher. Gleiches gilt für den Verband Region Stuttgart, dessen Regionalplan auf der längst überholten Annahme basiert, die Bevölkerung in der Region werde zurückgehen. Jahr für Jahr nimmt die Einwohnerzahl durch Zuwanderung zu – und bei der Region verharrt man in alten Schablonen.
Den Städten und Gemeinden außerhalb der sog. „Siedlungsbereiche“ zählt man die Bauplätze fast einzeln vor, Baulandausweisung wird als „Flächenfraß“ gebrandmarkt. Die Freien Wähler haben schon bei Aufstellung des aktuellen Regionalplans die Folgen der viel zu engen Fesseln für die Gemeinden aufgezeigt. Auch in den Folgejahren, als das Problem eigentlich für alle erkennbar wurde, hat die Fraktion immer wieder eine größere Flexibilität eingefordert.
Die Landespolitik wacht auf
Es mutet fast grotesk an, dass es jetzt die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Edith Sitzmann, und der SPD, Claus Schmiedel, sind, die in der Presse für die Schlagzeile sorgen „Bauen, bauen und nochmals bauen“. Bisher waren es gerade die Landtags- und Regionalfraktionen von Grünen und SPD, die den Kommunen in der Baulandentwicklung jeglichen Freiraum verweigerten.
Uns Freien Wählern ist bewusst, dass mehr Bauland allein noch keinen günstigen Wohnraum schafft und dass vor allem eine jahrelange Vorlaufzeit zu bewältigen ist. Dies gilt vor allem dann, wenn Flächennutzungs- und Bebauungspläne neu aufgestellt werden müssen. Deshalb müssen Wege gefunden werden, Bebauungsplanverfahren mit verkürzten Fristen durchzuführen. Auch andere Vorschriften (Baugesetzbuch, Landesbauordnung, Energiesparverordnung etc.), die das Bauen erschweren und massiv verteuern, müssen auf den Prüfstand.
Kommunen brauchen finanzielle Unterstützung
Der schon bestehende Engpass an günstigen Wohnungen verschärft sich durch die Unterbringung von Flüchtlingen, und bei deren Anerkennung durch dauerhafte Wohnraumversorgung, dramatisch. Jetzt sind es wieder die Städte und Gemeinden, deren Kreativität, Verwaltungs- und Finanzkraft eingefordert wird. Da Investoren kaum bereit sein werden, sich auf diesem Sektor zu vertretbaren Konditionen zu betätigen, muss vor Ort nach Lösungen gesucht werden. Kostengünstig erschließbare Flächen sollten schon nach einer gewissen Planreife freigegeben werden. „Der Vorrang der Innenentwicklung soll dabei erhalten bleiben, denn auch dort gibt es noch Potentiale, auch wenn sie oft nur schwer verfügbar gemacht werden können. Da man mit Nachverdichtung allein der Probleme nicht Herr wird (Nachverdichtung kostet Zeit und will sozialverträglich gestaltet werden), wird man neue Bauflächen brauchen. Dabei sind eine angemessene Dichte und Flächenökonomie zu beachten,“ betont der Sprecher im Planungsausschuss, Wilfried Wallbrecht.
Eigene Baumaßnahmen der Kommunen oder Kooperationen mit Wohnungsgenossenschaften sind mit hohem finanziellem Aufwand verbunden. Deshalb müssen Fördermittel des Bundes und des Landes gebündelt und zielgerichtet dorthin gelenkt werden, wo Gemeinden den kostengünstigen Wohnungsbau durch verbilligtes Bauland oder finanzielles Engagement voranbringen. Da sich Wohnungssuchende oder Flüchtlinge nicht nach dem Regionalplan richten, werden dies in vielen Fällen auch kleinere Gemeinden sein. Sie sind es, die die Menschen und Familien versorgen müssen, die bei ihnen anklopfen.
„Land und Region müssen einfach erkennen, dass bei allem Verständnis für eine geordnete Siedlungsentwicklung die Not jetzt den Weg weisen muss. Die Kommen werden damit verantwortungsbewusst umgehen. Auf ihnen lasten zudem die Aufgaben der Kinderbetreuung, Schulen und Integration. Man darf sich auch nicht der Illusion hingeben, dass dies alles eine vorübergehende Erscheinung ist. Nicht zuletzt leidet auch das Wirtschaftsgeschehen unter einer unzureichenden Wohnraumversorgung. Wer Fachkräfte ruft, muss auch Wohnraum anbieten können. Wir Freien Wähler appellieren an das Land, an die Parteifraktionen in der Regionalversammlung und an die Regionalplaner, die Partnerschaft mit den Städten und Gemeinden zu suchen. Ohne sie – das zeigen schon die täglichen Berichte – ist diese Herkulesaufgabe nicht zu bewältigen. Eine wortreiche Ankündigungspolitik allein reicht nicht,“ fasst der Fraktionsvorsitzende, Oberbürgermeister Andreas Hesky, die Position seiner Fraktion zusammen.