Fahrverbote in Stuttgart hätten gravierende Folgen für die Wirtschaft

Handwerkspräsident Rainer Reichhold zu Gast bei der Regionalfraktion – Verkehrsthemen im Mittelpunkt

In ihrer Reihe der Gespräche mit den Organisationen der Wirtschaft hatte die Regionalfraktion Freie Wähler den Präsidenten der Handwerkskammer Stuttgart, Rainer Reichhold, der auch Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags (BWHT) ist, zum Meinungsaustausch eingeladen. „Wir Freien Wähler fühlen uns mit der mittelständischen Wirtschaft, in besonderem Maße mit dem Handwerk, eng verbunden. Deren Betriebe sind das Fundament der wirtschaftlichen Prosperität der Region Stuttgart“, formulierte Fraktionsvorsitzender Andreas Hesky, Oberbürgermeister in Waiblingen, bei der Begrüßung des Gastes. 

Hesky zeigte anhand verschiedener Initiativen der Fraktion auf, dass der Respekt vor dem Stellenwert des Handwerks kein Lippenbekenntnis ist. Man habe u.a. den Vorstoß zur Einführung eines regionalen Handwerkerparkausweis unternommen und in der Regionalplanung mit Nachdruck die Ausweisung von ausreichend Gewerbeflächen vertreten. Eine klare Linie vertrete die Fraktion auch in der Notwendigkeit, die Verkehrsinfrastruktur auf Schiene und Straße entscheidend zu verbessern.

Handwerkskammerpräsident Rainer Reichhold (rechts) im Meinungsaustausch mit der Regionalfraktion (Links Fraktionsvorsitzender Andreas Hesky)

Rainer Reichhold, seit mehr als 11 Jahren Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart und seit Sommer 2015 auch an der Spitze des Baden-Württembergischen Handwerkstags, griff das Stichwort „Verkehrspolitik in der Region und im Land“ engagiert auf. Er verwies zunächst auf die von der Vollversammlung der Handwerkskammer im November 2016 beschlossene Resolution zu einer leistungsfähigen Verkehrspolitik für die Region Stuttgart. Für die 30.000 Handwerksbetriebe mit ihren 178.000 Beschäftigten in der Region sei eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur von elementarer Bedeutung. Es würde zahlreiche Firmen in ihrer Existenz bedrohen, wenn massive Auflagen oder Fahrverbote in einen wirtschaftlichen Betriebsablauf eingreifen würden. Auch für die übrige Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger seien die Versorgungs- und Servicefunktionen des Handwerks unverzichtbar.

Handwerk investiert umweltbewusst

Reichhold verwies darauf, dass sich die Betriebe mit ihrem Fuhrpark umweltbewusst verhalten und die jeweils schadstoffärmsten Fahrzeuge erwerben. Mangels Alternativen waren dies bis Mitte 2016 Dieselfahrzeuge der Euronorm 5. Werkstattfahrzeuge seien häufig aufwändig ausgerüstet und hätten wegen einer relativ geringen Jahresfahrleistung eine Abschreibungszeit von 10 Jahren und mehr. Ein Fahrverbot für solche Fahrzeuge komme einem enteignungsgleichen Eingriff nahe, zumal alternative Antriebe in diesem Sektor nicht zur Verfügung stünden. Die vorhandenen Fahrzeuge seien für viele Betriebe Existenzgrundlage, hier müsse Vertrauensschutz gelten. Zumindest müssten ähnlich wie bei den Umweltzonen langfristige Übergangsfristen greifen.

In seinen weiteren Ausführungen machte Reichhold deutlich, dass die Wirkung von Fahrverboten keineswegs nachgewiesen sei. So sei bei einem an Wochenenden halbiertem Verkehrsaufkommen keine nennenswerte Reduzierung des Feinstaubaufkommens festgestellt worden. Fahrverbote seien weitgehend wirkungsloser Aktionismus, es sei überfällig, das Übel an der Wurzel anzupacken. Als Beispiele nannte er u.a.: Ein regionsweites ÖPNV-Ticket zu günstigen Konditionen und Ertüchtigung des Straßennetzes.

Radiales Verkehrsnetz ist ein Geburtsfehler

Landrat a.D. Bernhard Maier, der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, bezeichnete das auf Stuttgart ausgerichtete radiale Verkehrsnetz als Geburtsfehler. Wegen fehlender Tangentialen und Ringstraßen werde unnötig viel Verkehr durch die Landeshauptstadt geführt. Genau diese nicht vorhandenen Alternativen würden im Falle eines Fahrverbots zu einem totalen Chaos und Verkehrsverlagerungen auf nicht geeignete Strecken führen. Regionalrat Frank Buß, Bürgermeister in Plochingen, zeigte am Beispiel seiner Stadt die Auswirkungen auf. Die von der Region aufgebotenen Schnellbusse sind mangels eigener Fahrspuren nicht geeignet, spürbar Abhilfe zu schaffen. Präsident Reichhold erinnerte an die Kostenfolge massiv verlängerter Fahrzeiten, wenn Monteure ihre Arbeitszeit auf der Straße verbringen, anstatt beim Kunden.

Bernhard Maier sagte klar, dass es ein Wunschtraum sei, den Modalsplit von 80 % Individualverkehr und 20 % ÖV auf 60 : 40 zu verbessern. Das ÖPNV-System sei technisch nicht in der Lage, ein doppelt so hohes Aufkommen zu bewältigen. Man müsse schon zufrieden sein, wenn es bei steigendem Verkehrsaufkommen gelinge, den heutigen Modalsplit zu halten.

Verband Region Stuttgart muss schlagkräftig agieren

In seinem Schlusswort bezeichnete Präsident Reichhold den Verband Region Stuttgart als einen wichtigen Partner der heimischen Wirtschaft. Damit dieser seine Ziele mit Nachdruck verfolgen könne, sei es unverzichtbar, dass die Führungspersönlichkeiten des Verbands kooperativ und zielorientiert zusammenarbeiteten.

 

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