S-Bahn-Verkehr wird weiter ausgebaut – trotz großer Unzufriedenheit bei der Pünktlichkeit

Pünktlichkeitswerte 2016 nicht verbessert – Region investiert Millionen in Qualitätssteigerung – Freie Wähler: Kapazitätsgrenze ist erreicht

Das S-Bahn-Netz ist das Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in der Region Stuttgart. Ohne dieses Angebot in der Trägerschaft des Verbands Region Stuttgart wäre das Verkehrssystem längst kollabiert. Obwohl nur in der Region Stuttgart die S-Bahn in kommunaler Hand ist (primär ist es eine Landesaufgabe), unternimmt der Verband große Anstrengungen, um die Mobilitätsansprüche Hunderttausender Nutzer zu befriedigen. Die Attraktivität der S-Bahn spiegelt sich auch in der Zahl der Fahrgäste – sie ist im vergangenen Jahrzehnt um nahezu 50 % gestiegen. Die Diskussion um Diesel-Fahrverbote wegen Feinstaub macht deutlich, wie prekär die Situation ist.

Die Dreiminutenpünktlichkeit der S-Bahn 2016 betrug nur 88,3 % bei einem vertraglich vereinbarten Zielwert von 94,5 %. Die Sechsminutenpünktlichkeit lag statt 98 % bei nur 96,6 %. Die Kunden bewerten dies mit der Note 3,2 (Zielwert 2,5) also nicht befriedigend.

In der Sitzung des Verkehrsausschusses der Region nahm der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Landrat a.D. Bernhard Maier, einmal mehr kein Blatt vor den Mund. Er wolle keineswegs die S-Bahn schlecht reden, dazu liege sie ihm und der Fraktion zu sehr am Herzen. Es müsse aber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Leistungen der DB nicht akzeptabel seien. “Ich stelle mit Frustration und Hilflosigkeit fest, dass die öffentliche Hand mit Millionenbeträgen Verbesserungen bezahlt, die von der Bahn nur miserabel erbracht werden“, sagte Maier an die Adresse der S-Bahn-Verantwortlichen. Der S-Bahn-Vertrag gebe keine ausreichenden Möglichkeiten zum Eingreifen, die vereinbarte Vertragsstrafe von 2 Mio. € per anno sei „ein Witz“ und könne aus der „Portokasse“ bezahlt werden.

Bernhard Maier wies zum wiederholten Male darauf hin, dass die S-Bahn durch die vielen Leistungsverbesserungen an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt sei. Bei Störungen gebe es kaum noch zeitlichen Spielraum, um Verspätungen aufzuholen. Die Stammstrecke in Stuttgart müsse mit der modernen Signaltechnik ETCS nachgerüstet werden und dies sei ganz klar Aufgabe der Bahn.

Die Bahn profitiert seit Jahren von Tarifsteigerungen und Zunahme der Fahrgastzahlen um 50 %. Sie erhält Zusatzbestellungen und laufend steigende Infrastrukturgebühren. Während sich das Defizit des Aufgabenträgers VRS laufend erhöht, profitiert von den Vertragskonstellationen nur die Bahn. Gleichzeitig nimmt die Leistung kontinuierlich ab. Nicht umsonst hat die Bahn in anderen Verkehrsverbünden einige Ausschreibungen verloren.

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Die Region unternimmt große Anstrengungen zur Verbesserung der Situation

Längere Züge und damit mehr Platz in den S-Bahnen. Zusätzliche Weichen und damit mehr Flexibilität beim S-Bahn-Verkehr. Der Verband Region Stuttgart hat erneut Verbesserungen auf den Weg gebracht, die kurz- und langfristig wirken. Im Verkehrsausschuss verknüpften die Regionalpolitikerinnen und –politiker ihr regionales Engagement mit einem deutlichen Appell an die Deutsche Bahn AG. Alle Konzerntöchter sollten diesem guten Beispiel folgend ihre Anstrengungen forcieren, damit die S-Bahn wieder flotter und zuverlässiger wird.

Mehr Sitzplätze und überschlagene Wenden

Ein Teil der zehn neuen S-Bahn-Fahrzeuge, die der Verband Region Stuttgart für gut 80 Millionen Euro finanziert hat, werden bereits seit Dezember 2016 für mehr Komfort und Pünktlichkeit im S-Bahn-Verkehr eingesetzt. In der Hauptverkehrszeit am Morgen waren auf den Linien S1, S2 und S3 einzelne Züge auf insgesamt drei Wageneinheiten (‚Langzug‘) verlängert worden, das entspricht einem Plus von rund 3.300 Sitzplätzen. Weitere 1.000 Sitzplätze werden ab 10. April durch längere Züge der S2 am späteren Nachmittag geschaffen. Hinzu kommen längere Züge auf allen Linien an Wochenenden, abends sowie nachts. Damit gibt der Verband Region Stuttgart die richtige Antwort auf die massiven Fahrgaststeigerungen, gerade auch im Freizeitverkehr am Abend und Wochenende.. Auch die überschlagenen Wenden in Weil der Stadt, Stuttgart-Vaihingen (seit Dezember 2016) und Schorndorf sowie Filderstadt (ab Frühjahr 2017) seien ein regionaler Beitrag für mehr Pünktlichkeit. Dort stehen einige der neuen S-Bahn-Fahrzeuge, die pünktlich losfahren können, sofern eine ankommende S-Bahn verspätet sein sollte.

Einen Festbetrag von knapp 2,5 Millionen Euro zahlt der Verband Region Stuttgart für vier neue Weichen an der neuen S-Bahn-Station Mittnachtstraße. Damit eröffnet die Region perspektivische Ausbauoptionen nach Stuttgart 21 (T-Spange) sowie mehr betriebliche Flexibilität, gerade auch bei Störungen. Die Weichen sollen während der Bauarbeiten von Stuttgart 21 eingebaut werden.

Gelbe Karte für zu viel ausgefallene Züge

Der Vertrag von Verband Region Stuttgart und DB Regio AG über den Betrieb der S-Bahn sieht die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung vor, sofern der Wert an ausgefallenen Zug-Kilometern in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren 1 Prozent übersteigt. 2016 war dies erstmals der Fall. Deshalb hat der Verkehrsausschuss der DB Regio AG heute die gelbe Karte gezeigt. Mit dieser Warnung ist der Hinweis verbunden, dass „alle Maßnahmen zu nutzen sind, um die Zugausfälle aller Verursacher zu reduzieren.“ Noch vor der Sommerpause werden Unternehmensvertreter der Deutschen Bahn AG im Verkehrsausschuss berichten, wie die bisher bei den „S-Bahn-Gipfeln“ vorgestellten Maßnahmen gewirkt haben.

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