Zeitplan für die Ausweisung von Windkraftstandorten

Klare Mehrheit für Beibehaltung der bisherigen Linie – Planungsausschuss soll Zeitplan  konkretisieren

Spätestens bis zum Herbst 2018 sollen die Flächen für Windräder rechtsverbindlich in den Regionalplan aufgenommen sein. Diesem Vorschlag hat sich die Fraktion Freie Wähler angeschlossen. Der Planungsausschuss soll nun den genauen Zeitplan ausarbeiten.

Aus der Regionalversammlung am 5. April berichtet Regionalrat Thomas Bernlöhr, der das schwierige Thema in einer umfassenden Rede beleuchtet hatte:

„Die Windkraft bleibt ein emotionales, ein Aufreger-Thema. Nicht mehr flächendeckend, wie im Jahr 2015, aber doch an einzelnen Hot-Spots. Menschen arbeiten sich akribisch durch die kleinsten Verästelungen der Energiewende – ökonomisch, artenschutzrechtlich, energiewirtschaftlich, immissionsschutzrechtlich, flugsicherungstechnisch. Ganz normale Durchschnittsbürger werden zu Windkraftspezialisten – und wahlweise engagierten Gegnern oder auch Verfechtern von Windkraftprojekten. Beide Positionen kommen nach wie vor bei uns Regionalräten an und wir nehmen die inhaltliche Diskussion wahr und ernst.

Es ist auch keine Überraschung, dass die Aussicht, ein über zweihundert Meter hohes Bauwerk als neuen Nachbarn zu bekommen – mag es noch so filigran und ein direkter Schattenwurf ausgeschlossen sein – für direkte Betroffene  eine ziemliche Provokation ist. Übrigens nicht anders als wenn es um Stromtrassen oder andere Kraftwerksprojekte ginge.

Insofern ist es nicht überraschend, dass auch im vorderen Remstal die Diskussion erneut angestoßen wird, die Buocher Höhe aus dem Regionalplan zu nehmen. Aber je emotionaler und engagierter eine Debatte ist, desto notwendiger wird es unserer Ansicht nach, kühlen Kopf zu bewahren und die Fakten, im Falle eines Planungsträgers außerdem das Planungsverfahren und seine Eigenheiten nicht aus dem Blick zu verlieren, und in der richtigen Reihenfolge zu bleiben. Der Versuch einer Zusammenfassung aus unserer Sicht:

  1. Die Vorgeschichte: aus 95 potenziell möglichen Windvorrangstandorten sind nach für uns nachvollziehbaren und sachlichen Kriterien der Raumordnung (Flächengröße, Windhöffigkeit, Landschaft und Freiraumqualität) 41 Standorte geworden. Ziel: ein substanzieller Planungsbeitrag zur Nutzung von Windenergie in der Region. Nach einer umfassenden und engagierten Debatte haben wir am 30. September 2015 eine Abwägung getroffen und ein Paket geschnürt. Diese Entscheidung halten wir auch heute im Rückblick, eineinhalb Jahre später, für tragfähig und richtig. Dies gilt im übrigen explizit für alle 41 Standorte, damit auch für WN 25. 13 dieser 41 Windvorrangstandorte können erst dann rechtskräftig werden, wenn die Frage beantwortet ist, ob entgegenstehende Rechtsvorschriften geändert werden können oder nicht – dies betrifft insbesondere die Landschaftsschutzgebietsverordnungen, deshalb der qualifizierte Zwischenbeschluss und kein Satzungsbeschluss.
  2. Wo stehen wir aktuell? Bei acht der 13 Landschaftsschutzgebiete ist oder wird demnächst ein ergebnisoffenes Änderungsverfahren eingeleitet oder eine Befreiung geprüft. Beendete Verfahren: Null. Damit ist für uns die Frage beantwortet, ob heute der nächste Verfahrensschritt (der Satzungsbeschluss) Sinn macht. Wir würden 13 Standorte herausnehmen, die teilweise hohes Potenzial und gute Eignung mitbringen, einfach weil wir die Geduld verlieren. Keine gute Idee.
  3. Was wäre die Alternative? Einen Standort einfach so, ohne Abwägung und ohne Verfahrensschritt aus der Kulisse zu nehmen, ist ganz sicher keine guter Gedanke. Zur Erinnerung: Abwägen bedeutet, die verschiedenen Belange also Vor- und Nachteile von potentiellen Standorten gegeneinander zu stellen und anhand dieser Kriterien auch alle Standorte zu vergleichen. Wie bei jedem Bebauungsplan: „gegeneinander und untereinander sachgerecht abwägen“. Mit einem Abwägungsfehler riskieren wir die Rechtmäßigkeit des Plans insgesamt und kommen womöglich auch bezüglich der Ausschlusswirkung in schwieriges Fahrwasser. Gerade Windkraft-Gegner und -Kritiker können so etwas eigentlich nicht wollen.
  4. Von der juristischen Dimension abgesehen ist eine solche Diskussion einzelner Standorte auch inhaltlich nicht sinnvoll: wenn wir einen Standort rausnehmen, was ist denn mit allen anderen? Diskutieren wir die dann auch einzeln? Dort wo sich jemand meldet oder planmäßig? Was ist mit denen, die bereits rausgenommen wurden? Rücken diese Standorte dann nach? Wir meinen die Gesamtschau ist die einzig sinnvolle Alternative.
  5. Frage: Was bedeutet das für die Zukunft?

Für den Regionalplan Wind bedeutet dies, dass wir jetzt keinen Beschluss fassen sollten. Andererseits wollen wir mit dem nächsten Schritt, dem Satzungsbeschluss, sicher aber auch nicht bis in alle Ewigkeit warten.

Insofern können wir dem Antrag zur Zeitplanung durchaus etwas abgewinnen. Wir sehen allerdings keinen fixen Zeitpunkt, sondern einen im wesentlichen umgesetzten Bearbeitungsstand durch die unteren Naturschutzbehörden als Voraussetzung für den Satzungsbeschluss.

Es ist richtig, dass die Geschäftsstelle mit den Landratsämtern im Gespräch bleibt, damit wir möglichst bald Gewissheit bekommen und einen Satzungsbeschluss fassen können. Wir sehen dem angekündigten zweiten Sachstandsbericht im Herbst mit Interesse entgegen.

Für den Standort WN 25 ist jetzt erst recht nicht die Zeit für eine Entscheidung. Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis kann eine Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung entweder endgültig ablehnen, dann fliegen der oder die betroffenen Standorte automatisch aus unserer Planungskulisse, k.o.-Kriterium, kein Beschluss notwendig. Oder es tut dies nicht, und solange könnten wir nur im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Belange und Standorte untereinander und gegeneinander Standorte verändern.

Insofern ist die Forderung, WN 25 doch jetzt endlich mal einfach so rauszunehmen einfach gestellt und sie kann jederzeit gefahrlos gestellt werden. Für das Attribut gefahrlos gilt dies aber nur solange, als diese Forderung keine Mehrheit bekommt.“

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