Neuer Streit um Hermann-Hesse-Bahn

Die unendliche Diskussion um die Hermann-Hesse-Hahn (HHB) erreicht einen neuen unrühmlichen Höhepunkt. Obwohl die Bauarbeiten an dem umstrittenen Projekt bereits laufen, drohen neue Auseinandersetzungen. Die Regionalfraktion Freie Wähler, die zu den entschiedenen Skeptikern dieser nicht zukunftsfähigen Schienenverbindung gehört und stattdessen für eine S-Bahn-Lösung plädiert, reagiert durch ihren Sprecher, Landrat a.D. Bernhard Maier, auf einen Artikel vom 9. August in der Leonberger Kreiszeitung. Darin erhebt der Ministerialdirektor im Verkehrsministerium, Uwe Lahl, massive Vorwürfe gegen die Stadt Renningen, die sich eine Klage gegen die HHB vorbehalten hat. Die Regionalfraktion weist diese Vorwürfe als haltos zurück.

Was ist der aktuelle Streitpunkt?

2015 hatten sich die Landkreis Calw und Böblingen zusammen mit den Städten Weil der Stadt und Renningen auf ein sog. „Stufenkonzept“ verständigt. Es sieht vor, dass die HHB zunächst als Dieselvariante in Betrieb geht, anschließend soll es entweder ein S-Bahn oder einen Brennstoffzellenzug geben. Allerdings hatte die Stadt Renningen diese mündliche Vereinbarung ausdrücklich unter den Zustimmungsvorbehalt des Gemeinderats gestellt. Dieser lehnte aber mehrheitlich ab.

Vor dem Hintergrund der seit 2015 völlig veränderten Verhältnisse hat Renningen zur Fristwahrung erneut Klage erhoben. Obwohl der Beigeordnete Renningens ausdrücklich erklärte, „an den Verhandlungstisch zu kommen“, erhob MD Lahl in einem Ortstermin, über den die LKZ berichtet, außergewöhnlich heftige Vorwürfe. Er spricht von einem „Vertrag“, der mit Handschlag besiegelt worden sei. Wenn man den nicht einhalte, begehe Renningen einen „Vertragsbruch“. Damit täuscht er die Öffentlichkeit über die Tatsache hinweg, dass wegen der fehlenden Zustimmung des Renninger Gemeinderats die Vereinbarung überhaupt keine Wirksamkeit erzielt hat. Auch der Böblinger Landrat Bernhard hält es durchaus für möglich, dass die HHB nur bis Weil der Stadt fährt.

Immer wieder hat die Regionalfraktion Freie Wähler über ihren Experten Bernhard Maier deutlich gemacht, dass sie die HHB für keine zukunftsfähige Lösung hält. Sie befürchtet nicht akzeptable Beeinträchtigungen der S 6, für die mittlerweile ein 15-Minuten-Takt in Vorbereitung ist.

In einem „offenen Brief“ an MD Lahl nimmt Bernhard Maier Stellung zu den Kritikpunkten und weist in aller Entschiedenheit die Vorwürfe des Vertreters des Verkehrsministeriums zurück. Hier der wesentliche Inhalt seines Schreibens vom 9. August, das auch der Presse zuging:

“ Sehr geehrter Herr Ministerialdirektor,

der heutige Artikel in der LKZ und die von Ihnen wiedergegebenen Äußerungen sind eines leitenden Beamten unwürdig. Mit falschen Angaben (Verträge?) und haltlosen Vorwürfen (Vertragsbruch?) gegen die Stadt Renningen, die nichts anderes macht, als ihre demokratischen Rechte in Anspruch zunehmen, überspielen Sie, dass bei diesem Thema längst das Ministerium am Zuge ist, um Klarheit in die verworrene Situation zu bringen.

Es ist Ihnen nämlich sehr wohl bekannt, dass sich seit dem sog. „Stufenkonzept“ vom Juni 2015 auch in der Beschlusslage der Regionalversammlung einiges verändert hat:

  • auf der S 6 wird es einen durchgängigen 15-Min Takt geben
  • die Planung eines 15-Min Taktes auf der S 60 ist im vollem Gange
  • eine S 6 Verstärkerlinie zwischen Feuerbach und Weil der Stadt ist beschlossen.

Ihr Ministerium hat für all diese Maßnahmen die Zustimmung erteilt. Die dafür erforderlichen Züge sind bestellt, die Investitionen sind eingeleitet, die Förderung ist in Aussicht gestellt. Darüber hinaus zeigt eine Expertise des Verkehrswissenschaftlichen Instituts (VWI), dass für eine S-Bahnverlängerung nach Calw ein positiver Kosten/Nutzeneffekt  erreicht wird. All diese Aspekte werden von Ihnen offensichtlich ignoriert. Eine HHB bis Renningen passt in diese Konzeption nicht mehr hinein. Warum sagen Sie das nicht und ergehen sich statt dessen in haltlosen Angriffen? Sie argumentieren aus dem Stand vom Juni 2015 und unterschlagen damit, dass längst das Ministerium am Zuge ist, um mit den Beteiligten eine zukunftsfähige Konzeption zu entwickeln. Das ist eine Form der Ignoranz, die allein über die eigene Untätigkeit hinwegtäuschen soll und von der verunsicherten Öffentlichkeit nicht mehr verstanden wird.

Es ist höchste Zeit, dass das Ministerium nun mit allen Beteiligten auf Grund des veränderten Sachverhaltes eine neue Stufenkonzeption für einen Anschluss des Kreises Calw an die Region Stuttgart entwickelt. Die Bürgerschaft dieses Raumes hat einen Anspruch darauf, dass von der Politik endlich klare Signale erfolgen, um diese widersprüchlichen Ziele zugunsten eines zukunftsfähigen Konzepts aufzulösen. Auch der Landrat des Kreises Böblingen, Bernhard, hat das längst erkannt. In der Regionalversammlung wartet man als Träger der S-Bahn, als der man sich in hohe finanzielle Verpflichtungen begeben hat, darauf, dass hier rasch für Klarheit gesorgt wird. Die Städte Renningen und Weil der Stadt machen sich zu Recht Sorgen um einen verlässlichen Takt auf der S-Bahn. Dies rechtfertigt auch die zur Fristwahrung eingereichte Klage. Es ist höchste Zeit, die Beteiligten mit dem Ziel einer gemeinsamen Sprache an einen Tisch zu holen. Das ist Ihre Aufgabe, anstatt wie geschehen zu polarisieren! Der Betrieb einer Strecke Calw – Weil der Stadt – Renningen wird erheblichen Einfluss auf den ÖPNV der Region nehmen. Daher ist der Verband Region Stuttgart zu den verkehrlichen und betrieblichen Auswirkungen zu beteiligen. Einziges vernünftiges Ziel kann langfristig nur eine S-Bahn-Verbindung nach Calw sein. Dies muss bei allen Zwischenkonzepten in vollem Umfang berücksichtigt werden. Eine HHB bis Renningen auf den S-Bahngleisen, kommt dabei, angesichts der hohen Investitionen für Betrieb und Infrastruktur und der mittlerweile beschlossenen Ziele des Verbands, sicher nicht in Betracht.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Maier“

 

 

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