Welche Zukunft hat die Schusterbahn?

Der Name Schusterbahn rührt daher, dass mit ihr vor Jahrzehnten Arbeiter zum Salamanderwerk nach Kornwestheim fuhren. Auch heute noch ist die 11,5 Kilometer lange Verbindung für Beschäftigte beim Daimler und im Großraum Kornwestheim/Ludwigsburg sowie für Schüler attraktiv. Rund 500 Fahrgäste pro Werktag nutzen das Angebot. Momentan werden werktags morgens und abends je drei Zugpaare im Stundentakt eingesetzt. Gefahren wird mit einem elektrischen Triebzug ET 426 mit 100 Sitzplätzen. Die Fahrt 15 Minuten und führt über das imposante Cannstatter Viadukt, das das Neckartal überspannt.

Der Verkehrsausschuss der Region diskutierte auf Grund mehrere Anträge von Regionalfraktionen über die mögliche Zukunft dieser Schienenverbindung.

Für die Freien Wähler schreibt dazu – teilweise stichwortartig – der Verkehrsexperte der Fraktion, Landrat a.D. Bernhard Maier:

Der Ausbau der Schusterbahn als Tangentiale im Norden des S-Bahn-Netzes ist eines unserer gemeinsamen Ziele zur Angebotsausweitung auf der S-Bahn. Sie ist im Regionalverkehrsplan unter  „dringender Bedarf“ eingestuft. Dazu steht unsere Fraktion. Man muss das Projekt aber auch vor dem Hintergrund der Investitionsoffensive Infrastruktur S-Bahn“ sehen, die Investitionen von mehr als 1 Mrd. € erfordert.

Das Verkehrswissenschaftliche Institut der Uni Stuttgart (VWI) hat in einem Gutachten zur Schusterbahn 12 Varianten untersucht und eine Stufenkonzeption mit 4 Varianten empfohlen.

Folgenden Schwierigkeiten wurden identifiziert:

  • Wirtschaftlichkeit (Gewinn an zus. ÖV Fahrten bescheiden derzeit 500) Verlagerung von anderen S-Bahn Linien…
  • Teure Infrastruktur (Bahnsteige, Überleitungsbauwerk)
  • Trassenbelegung (Güterverkehr)

Empfehlung: „Auf Grund der erheblichen Mehrkilometer und der erheblichen Investitionen sollte eine Ausweitung des Angebotes auf der Schusterbahn nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 auf Grundlage der dann vorliegenden Erkenntnisse über die verkehrliche Entwicklung nochmals geprüft werden.“

Alle Fraktionen haben davon Kenntnis genommen (Kursbuch für den mittelfristigen Ausbau des Schienenknotens).

Nun geht dieser Fahrplan den Antragstellern wohl nicht schnell genug, wenn formuliert wird, „den Betrieb einer S 11 Bietigheim-Plochingen mit einer Streckenführung über die Schusterbahn aufzunehmen“. Hier wird suggeriert, dass es nur eine Frage des guten Willens sei, den Betrieb unverzüglich aufzunehmen. Bei näherem Hinsehen erkennt man aber sehr schnell, dass mit dem Antrag bestehende und bekannte Probleme übersehen oder umschifft werden:

  • Da sind die Trassenprobleme auf der Güterzugstrecke, insbesondere auf der Strecke Plochingen-Cannstatt bis zur Inbetriebnahme S21.
  • Da wird flugs, um das teure Überleitungsbauwerk Kornwestheim einzusparen, Kornwestheim Personenbahnhof von der Strecke abgehängt, und ein neuer Haltepunkt W&W (Wüstenrot) vorgeschlagen, der keine eisenbahnrechtliche Grundlage und keine Anbindung an die Siedlungsschwerpunkte hat.
  • Dass ohne Kornwestheim, die ohnehin wackelige Wirtschaftlichkeit weiter geschwächt wird, wird negiert.
  • Eine Untersuchung über das neue Fahrgastpotential gibt es noch nicht, die Antragsvariante ist auch bei den 12 Varianten des VWI nicht bewertet worden. Auf so eine absurde Idee, den Siedlungsschwerpunkt Kornwestheim abzuhängen, ist bisher keiner gekommen. Die Annahme im Antrag von 19 000 Fahrgästen ist eine Illusion, sie wurde von VWI nur im Falle der Anbindung von Kornwestheim Personenbahnhof unterstellt.
  • Das beantragte Angebot lässt sich im bestehenden Verkehrsvertrag nicht unterbringen. Auch die notwendigen Züge nicht (10 ET 426). Es ist, wenn alle faktischen und rechtlichen Probleme gelöst sind, eine europaweite Ausschreibung unerlässlich.
  • Die Investitionsoffensive „S-Bahn und Schienenknoten“ stammt vor Corona-Zeiten. Auch nach dem noch nie dagewesenen Einbruch der Steuerkraft unserer Umlagenfinanzierer stehen wir zu dem am 13.3.2020 beschlossenen Programm. Der vorliegende Antrag vom 5.5.2020 geht darauf nicht ein. Trotz nicht ermittelter Investitionskosten, trotz Betriebskosten von jährlich ca. 9 Mio. € (Basis bestehender Verkehrsvertrag). Es ist ein Blankoscheck, der uns hier vorgelegt wird. Es gibt erhebliche Bedenken im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen in Unkenntnis der zukünftigen Entwicklung.

Zusammenfassung

Die Verwaltung hat die Hürden, die vor dem Antrag aufgebaut sind, sauber beschrieben. Das sind keine konstruierten Schwierigkeiten, das ist die normative Kraft des Faktischen. Wir teilen die Argumentation in vollem Umfang, auch die Vorgehensweise. Seien wir ehrlich: Vor einer S 11 auf der Schusterbahn werden viele Hürden zu nehmen sein und wird, auch bei gutem Willen, viel Zeit vergehen.  Bevor wir weitere Überlegungen anstellen, ist eine am Antrag orientierte Betriebsprogrammstudie als erster Schritt unerlässlich.

Zeitgleich ist auch eine Anhörung der Stadt Kornwestheim zu dem Antrag durchzuführen. Vor einer Weiterbehandlung ist für uns deren Bewertung unverzichtbar.

Nur mit diesen Überlegungen werden wir dem Beschlussvorschlag zustimmen.

 

 

Termine

Freie Wähler in der Region Stuttgart