Regionalrat Wilfried Wallbrecht: Kommunikation und Bürgerbeteiligung muss auf das konkrete Projekt ausgerichtet werden!

Die Region Stuttgart hat einen hohen Bedarf an Wohn- und Gewerbeflächen. Dies wird auch weit überwiegend in der öffentlichen Diskussion anerkannt. Je konkreter jedoch eine entsprechende Planung oder Realisierung wird, desto ausgeprägter wird die Zurückhaltung, ja Ablehnung. Dies gilt für die lokale Öffentlichkeit, teilweise auch für die kommunalen Entscheidungsträger. Um Wege für einen konstruktiven Dialog zu finden, hat die Fraktion Freie Wähler schon im Herbst 2019 den Antrag „Kommunikationsoffensive in den Kommunen der Region für Gewerbe und Wohnen“ gestellt. Weitere Anträge kamen von den übrigen Fraktionen.

Die Verwaltung hat diesen Themenkomplex in einer umfangreichen Vorlage aufgearbeitet und im letzten Planungsausschuss zur Diskussion gestellt. Die Vorlage können Sie hier herunterladen.

Aus Sicht der Freien Wähler ist der Verwaltungsvorschlag zu generell/abstrakt aufgebaut und daher wenig geeignet, Handlungsmöglichkeiten für konkrete Planungs- und Beteiligungsprozesse aufzuzeigen.

Wilfried Wallbrecht: Bürgerdialog sollte bei konkreten Entscheidungsprozessen ansetzen!

Der Sprecher der Fraktion im Planungsausschuss, Regionalrat Bürgermeister a.D. Wilfried Wallbrecht, begründete die ablehnende Haltung. Hier der wesentliche Kern seiner Ausführungen:

„Die Vorlage zeigt sehr deutlich den Handlungsbedarf, damit aber auch das Dilemma auf:

Die Region steht vor großen Herausforderungen:

  • Strukturwandel Automobilindustrie
  • demografischer Wandel
  • CO2-Reduktion durch Mobilitätswende/Energiewende
  • Mangel an Wohnbauflächen, an Gewerbeflächen, überlastete Infrastruktur usw.

Auch wir Freie Wähler sehen natürlich, dass viele regional bedeutsame Maßnahmen vor Ort erfolgen müssen.

Vor Ort fehlt aber oft die Akzeptanz, weil der eigene „Kirchturm“ oder die konkrete Betroffenheit wichtiger sind als überörtliche und überfachliche Zusammenhänge und Argumente.

Wir sehen durchaus, dass sich der Verband rüsten muss, ausgestattet sein muss für die Diskussion in den konkreten Positionierungen, Auseinandersetzungen um Strategien und Kompromisse. Hier den richtigen Weg zu finden, ist eine Herausforderung.

Die meisten von uns in diesem Gremium haben sehr viel Erfahrungen im regionalpolitischen und kommunalpolitischen Diskurs. Wir alle sehen auch den Handlungsbedarf, das zeigen auch die Anträge von allen Seiten, auch von uns.

Aber was ist der richtige Weg?

Wir Freie Wähler glauben leider nicht daran, dass eine ganz große regionale Identität geschaffen werden kann, die im konkreten Fall vor Ort trägt. Basis dieser Einschätzung ist das Ergebnis vieler Studien darüber, wie sich die Menschen räumlich identifizieren:

  • zuerst in ihrer Wohnung und dem direkten, engeren Wohnumfeld
  • dann im nächsten Horizont in der kleineren Gemeinde oder in größeren Kommunen im Stadtteil
  • in den Städten im Ballungsraum verschwimmt danach schon die Identifikation mit der eigenen und den Nachbarstädten. Die Praxis ist doch: Hier wohnen, dort arbeiten, woanders einkaufen, weiterführende Schule, Sport, Kultur…

Aus dieser Erkenntnis heraus glauben wir nicht, dass der Aufbau/ Ausbau einer ganz großen regionalen Identität im Sinne auch von „regionaler Verantwortung für das Ganze“ in der Breite und Tiefe mit dem aufgezeigten Weg gelingen kann.

Im Gegenteil sind wir überzeugt, dass wir als Verband in anstehenden Fällen, bei konkreten Anlässen – siehe Mundelsheim, siehe Weilheim – die Kommunen vor Ort unterstützen müssen, die selbst zu den konkreten Maßnahmen stehen und dafür im Wettbewerb der Argumente bestehen müssen.

Kurz: Weniger aufwändige, ehrgeizige Gesamtstrategie, mehr konkrete, maßgeschneiderte Unterstützung bei konkreten Projekten/ Maßnahmen/Strategien – jeder Fall liegt anders und braucht unterschiedliche Rezepte.

Dafür wären wir auch bereit, dafür müssen wir auch Geld in die Hand nehmen.

Aus den dargelegten Gründen können wir daher dieser Vorlage nicht zustimmen.“

Termine

Freie Wähler in der Region Stuttgart